Gutmensch:
Eine Definition

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0. Über diese Seite

Wikipedia enthät eine ausführliche Begriffserklärung zu "Gutmensch". Warum also hier eine separate Definition unter einer eigenen Domäne?

Der Grund ist, daß die Wikipedia-Definition nach meiner Auffassung einseitig und streckenweise verzerrend ist. Diese Auffassung wird von mehreren Wikipedia-Beitragenden geteilt, wie die zugehörige Diskussions­seite dokumentiert. Wie die Versionsgeschichtee der Gutmensch-Seite zeigt, werden jedoch sämtliche - in aller Regel durchaus konsensorientierte und diskussionsbereite - Versuche einer ausgewogeneren Dar­stellung abgeblockt bzw. die entsprechenden Änderungen von den "Wächtern" der Seite sofort rück­gängig gemacht. Dies ging soweit, dass eine kritische Diskussion zwischen "den Wächtern" und mir sogar von der Diskussionsseite gelöscht wurde.

Da mir - als Ingenieur und Naturwissenschaftler - an der korrekten Darstellung von Begrifflichkeiten liegt, ich aber weder Zeit noch Lust habe, mich auf dauernde "Edit Wars" einzulassen, habe ich hier eine aus meiner Sicht zutreffende Darstellung erstellt. Sie hält sich so eng wie möglich an die Inhalte der Gut­mensch-Seite von Wikipedia, dessen Nutzungs­bedingungen hiermit ausdrücklich anerkannt werden (siehe Impressum). Zitate aus Wikipedia sind farblich hervorgehoben.

1. Definition "Gutmensch"

Der Duden definiert "Gutmensch" als "[naiver] Mensch, der sich in einer als unkritisch, übertrieben, nervtötend o. ä. empfundenen Weise im Sinne der Political Correctness verhält, sich für die Political Correctness einsetzt." [Wikipedia-4]

In der Umgangssprache bezeichnet "Gutmensch" einen Menschen, der andere Menschen zu einem - in seinem Sinne - korrekten Verhalten veranlassen möchte. Damit zeigt der Gutmensch ein moralisierendes und missionierendes Verhalten, das oft dogmatisch auftritt und andere Ansichten nicht zuläßt. In diesem Sinne ist ein Gutmensch ein Verfechter "Politischer Korrektheit" und verhält sich oft paternalistisch bevormundend.

Kennzeichnend ist oftmals, dass diffuse, nicht weiter detaillierte Moralvorstellungen zugrunde gelegt werden, z.B. "das erfordert doch die Mensch­lich­keit", oft unter Verwendung neurolinguistischer Sprach­muster wie "man muß doch" (beispiels­weise "in Würde altern", ohne klar zu legen, welches Wertesystem hier angewandt wird und warum dieses verbindlich sein soll). Oft wendet Gutmensch-Sprache diffamierende Begriffe auf das Gegenüber an, wie "hirnlos", "unzurechnungsfähig", "Nazi", "Pack" (alle im Text weiter unten belegt). Solche Formulierungen unterstellen dem Gegenüber automatisch, ohne weitere Eruierung, eine moralische Abwertung und zwangsterminieren gleichzeitig Diskussionen, bevor diese auf der Sachebene ankommen können.

2. Historische und zeitgenössische Erwähnungen

Der Begriff Gutmensch zieht sich, explizit oder implizit auftretend, durch die Geschichte der deutschen Literatur.

Laut Burkhard Müller-Ullrich bezeichnet Gutmensch seit Christian Oesers "Briefe an eine Jungfrau über die Hauptgegenstände der Ästhetik" (1859) einen "Naivling, der sich vor allem selbst gut findet und damit über andere erheben will".[Wikipedia-15]

Im Jahr 1872 veröffentlichte der deutsche Dichter und satirische Zeichner Wilhelm Busch die Geschichte Die Fromme Helene, in der er satirisch religiöse Heuchelei und zwielichtige Bürgermoral beleuchtet:

    "Ein guter Mensch gibt gerne acht,
    Ob auch der andre was Böses macht;
    Und strebt durch häufige Belehrung
    Nach seiner Beß'rung und Bekehrung"

Thematisch ungefähr verwandt ist ein Beckmesser, ein kleinlicher, pedantischer Kritiker, benannt nach dem Nürnberger Meistersinger und Schreiber Sixtus Beckmesser in Richard Wagners Oper Die Meistersinger von Nürnberg von 1867.

Nach einer häufig geäußerten Auffassung wurde der Begriff von Friedrich Nietzsche geprägt, jedoch findet sich in Nietzsches Werk die Vokabel "Gutmensch" nicht[Wikipedia-2]. Offensichtlich inkorrekt gibt auch die Gesellschaft für deutsche Sprache als erste ihr bekannte Fundstelle des Begriffes eine Ausgabe des englisch­sprachigen Forbes Magazine aus dem Jahr 1985 an, in der Franz Steinkühler, damals zweiter Vorsitzender der IG Metall, so bezeichnet wurde[Wikipedia-1].

Ebenfalls nicht haltbar ist die Behauptung, dass "Gutmensch" auf die Nationalsozialisten zurückgehen würde. Das Duisburger Institut für Sozialforschung, das z.B. der Deutsche Journalistenverein als Quelle nennt [Wikipedia-13], hat nach eigenen Angaben keinen Hinweis gefunden, dass der Ausdruck irgendwann schon einmal in der Nazi-Propaganda verwendet wurde[DISS-1].

Indirekt, über die Verknüpfung mit dem Begriff "Political Correctness", findet im 20. Jahrhundert eine Politisierung des Begriffs statt. Interessanterweise und emotional nachvollziehbar - und das sei hier als unbewiesene Hypothese postuliert - scheinen die Gräben ziemlich genau dem Begriff zu entsprechen: abgelehnt als "Kampfbegriff in der politischen Rhetorik"[Wikipedia] wird "Gutmensch" vor allem von jenen, welche selbst definieren (und anderen vorschreiben) wollen, was moralisch statthaft ist:

  • "Wer Gutmensch sagt, verdient sich seinen Shitstorm"[Wikipedia-14]
  • ...und ebenda: "Gutmensch sagen eigentlich nur noch Nazis und Idioten ohne sprachliches Feingefühl".
  • "kein zurechnungsfähiger Mensch" könne es mehr benutzen[Wikipedia-30]
  • Laut Junge Freiheit sagte Sigmar Gabriel am 24. August vor dem Einwandererheim in Heidenau über die örtlichen Protestler und Randalierer: "Bei uns zu Hause würde man sagen, das ist Pack, was sich hier rumgetrieben hat." Auf die Absicht hinter dieser Totschlag-Wortwahl wies der Dresdner Sprachwissenschaftler Joachim Scharloth im "Deutschlandradio" hin: "Wenn ich Nazis sage, erkläre ich die Leute gleich für nicht diskursfähig. Das heißt: Ich muß mich nicht mehr mit ihnen auseinandersetzen. Oder 'Pack': Mit Pack unterhält man sich nicht."[JungeFreiheit-1]. Dies wird auch durchaus kritisch in den Medien diskutiert; Stefan Berg schreibt etwa im Spiegel: "Mit seinem Versuch, die größtmögliche Distanz zu Fremdenfeinden zum Ausdruck zu bringen, hat sich Gabriel leider auf deren sprachliches Niveau begeben. Er hat den Begriff 'Pack' nun hoffähig gemacht ... Kann man für die Achtung der Würde von Menschen werben, indem man anderen diese abspricht?"

Der Medien- und Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz (TU Berlin) äußert in einer Sendung des Deutschlandfunks am 11. August 2014: "Gutmenschen sind Leute, die eine Rhetorik pflegen, die auch einen eigenen Namen in den letzten Jahrzehnten bekommen hat, nämlich political correctness. Und diese political correctness kann man sehr gut beschreiben und damit ja eigentlich auch den Gutmenschen: Sie setzt sich zusammen aus politischem Moralismus, aus einer Art Sprachhygiene, in einer Menge von Sprachtabus und darüber hinaus auch durchaus eine Art puritanischer lustfeindlicher Haltung." [Wikipedia-21]

Harald Martenstein schlug 2015 vor, mit diesem Ausdruck einen Typus von aggressiv selbstgerechtem Zeitgenossen zu bezeichnen, der "glaubt, dass er, im Kampf für das, was er für 'das Gute' hält, von jeder zwischenmenschlichen Rücksicht und jeder zivilisatorischen Regel entpflichtet sei. Beleidigungen, Demütigungen und sogar Gewalt sind erlaubt." [Wikipedia-29] beziehungsweise, differenzierender: "Gutsein ist, wie alles, eine Frage der Dosis, wenn man es übertreibt, wird es totalitär". [Wikipedia-32]

Thomas Fink spricht von "Ersatzreligionen" vergleichbar dem dominanten Primat der katholischen Kirche im Mittelalter: jeder Andersdenkende wird als Ketzer gebrandmarkt und gesellschaftlich an den Rand gedrängt.

In der Literatur und in den Medien wiederum wird auf diese wahrgenommene Übergriffigkeit durch "Gutmenschen" reagiert, siehe etwa:

  • "Gut" heißt der Gutmensch, weil er immer das Gute will. Es wird ihm dabei schnell gleichgültig, wie und mit welchen Mitteln. Das unterscheidet ihn grundsätzlich, auch wenn es nur zwei kleine Pünktchen sind, vom gütigen Menschen." In: Peter Schmidt: Die Gedankenpolizei - Gender Mainstream und politisch-korrekte Sprache, 2014
  • Ulrich Greiner: Rechthaber und Samariter - Ein Vergleich zwischen dem Gutmenschen und dem guten Menschen. In: Die Zeit 53/2009.
  • Das politisch inkorrekte Wörterbuch.
  • Dietmar Bittrich: Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven - Womit sie uns quälen - Wie wir sie loswerden. Rowohlt Taschenbuch Verlag; Auflage: 6 (1. August 2007),

3. Auslegungen erzwingen

Neben der allgemeinen gesellschaftlichen Diskussion finden sich auch Bestrebungen, eine bestimmte Deutung zu erzwingen, mithin die DeutungshoheitWikipedia-31 zu erlangen. Zwei bedeutende Aktivitäten sind im folgenden aufgeführt.

Wortmarke der Band "Die Toten Hosen"

Der Manager der Band Die Toten Hosen Patrick Orth ließ im Jahr 2014 die Wortmarke Gutmensch beim Deutschen Patent- und Markenamt in München schützen. [Wikipedia-33] Marcel Rau hat die Domäne "gutmensch.de" belegt (dies kann durch eine Anfrage bei DENIC eingesehen werden nach einer Änderung seiner Bedingungen veröffentlicht DENIC solche Information seit einiger Zeit nicht mehr).

Damit soll eine rechtliche Handhabe geschaffen werden, um jegliche mißliebige Verwendung des Wortes gerichtlich untersagen zu können.

Unwort des Jahres

Bei der Bestimmung zum Unwort des Jahres in Deutschland erhielt das Wort für das Jahr 2011 den zweiten und für 2015 den ersten Platz. [Wikipedia-34] Die Begründung war, dass im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsthema insbesondere auch diejenigen beschimpft werden, die sich ehrenamtlich in der Flücht­lingshilfe oder gegen die flüchtlingsfeindliche Angriffe in der Bundesrepublik Deutschland einsetzen. [Wikipedia-36] [Wikipedia-37] Die Wahl war beeinflusst durch das Flüchtlingsthema 2015. [Wikipedia-38] "Gutmensch" wurde gewählt, weil der Begriff 'Hilfsbereitschaft' pauschal als naiv, dumm und weltfremd diffamiere. [Wikipedia-39] Die Kritik richte sich nicht nur gegen Rechtspopulisten, sondern auch gegen Journalisten der Leitmedien, die das Wort "Gutmensch" gebrauchen würden. [Wikipedia-40] (Siehe Wikipedia für weitere Details).

Auf diese Weise sollen Journalisten und Leitmedien gezwungen werden, sich von dem Begriff zu distan­zieren.

Als Hintergrund zur Wahl des "Unworts des Jahres" lohnt sich ein Blick auf die Jury. Entstanden als "sprach­kritische Aktion" erfolgt die Auswahl des Unworts jährlich 5 Personen, welche nicht gewählt worden sind - siehe Mitglieder der Jury und die Historie ihrer Zusammensetzung. In The European wird die Redaktion charakterisiert als "ein paar unbekannte Sprachwissenschaftler und ein Journalist". Ein Mitglied wird gewählt (unklar: von wem?), die Bestimmung der restlichen vier "ständigen Mitglieder" bleibt im Dunklen. Die Auswahl ist mithin weder demokratisch noch transparent und kann nicht, wie in Wikipedia dargestellt, als "Wahl" im demokratischen Sinn bezeichnet werden. Damit steht die Unwort-Redaktion im Gegensatz zu etwa der Gesellschaft für deutsche Sprache, welche ein eingetragener Verein ist und damit eine demokratisch legitimiertere, transparente Struktur besitzt.

Das genaue Vorgehen der Auswahl wird auf der Website www.unwortdesjahres.net nicht beschrieben. Betont wird jedoch: "Die Anzahl der UnterstützerInnen eines Vorschlags spielt [...] keine Rolle." [UnwortDesJahres-2]

Zusammenfassend läßt sich festhalten: Es wird also weder das Auswahlverfahren der Mitglieder transparent gemacht noch das exakte Verfahren der Selektion von Unworten. Insbesondere ist es nicht klar, dass ein derart bestimmtes "Unwort" einem größeren gesellschaftlichen Konsens entspricht.

4. Persönliche Meinung

Die Wikipedia-Seite zum Begriff "Gutmensch" wird dominiert von wenigen Beitragenden, welche konsequent Änderungen unterbinden (vgl. Diskussionsseite). Weiterhin wird versucht, die Deutungshoheit über diesen Begriff zu erlangen, siehe oben.

Wir finden beides nicht angemessen, wenn es um den Gebrauch von Alltagssprache geht. Es darf - besonders bei kontroversen Themen - keine einseitige Darstellung erfolgen. Vor allem aber existiert keine "Deutungshoheit" für Alltagsworte - es kann nicht sein, dass eine Person, Gruppe oder Institution bestimmt, was ein Wort zu bedeuten habe. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang auch die Vorgabe von "Unwörtern des Jahres" durch eine selbsternannte kleine Gruppe. Im schlimmsten Fall findet hier über die Sprache eine Manipulation der Menschen und der Gesellschaft statt.

Diese Seite versucht dagegen zu wirken, indem eine öffentlich sichtbare Gegendarstellung zugänglich gemacht wird: es gibt keine "Deutungshoheit" über die Alltagssprache.

Impressum

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